Bisharat

Bisharat

Bahá’u’lláh: Bishárát (Die frohen Botschaften). Der Text entstand um 1891, ein spezifischer Empfänger ist nicht bekannt. Wie die alternative Bezeichnung Lawḥ-i-Nidá (Tafel des Rufs) nahelegt, hat der Text auch proklamatorischen Charakter. Als Zusammenfassung wesentlicher Lehren Bahá’u’lláhs wurde er weit gestreut, Kopien gingen u.a. an den russischen Orientalisten Viktor Baron Rosen (1849-1908) und den britischen Orientalisten Edward Granville Browne (1862-1926).

Bahá’u’llah setzt in diesem Text Bestimmungen des islamischen und babistischen Rechts außer Kraft, so etwa den „heiligen Krieg“, Beschränkungen des Umgangs mit Andersgläubigen, Bücherverbote und Beschränkungen im Wissenserwerb, aber auch Vorschriften zu Kleidung und Haartracht. Christliche Mönche und Priester ruft er dazu auf, am Leben der Gesellschaft teilzuhaben, zu heiraten und Kinder zu haben. Das Institut der Beichte lehnt er als entwürdigend ab, nur gegenüber Gott muss der Mensch seine Verfehlungen bekennen. Der Umgang mit Menschen anderen Glaubens soll „unbeschwert“ und freundschaftlich sein. Indem Bahá’u’lláh die Arbeit zum Gottesdienst erhebt, legt er das Fundament für ein spezifisches Berufs- und Arbeitsethos. Er verpflichtet die Gläubigen auf die jeweils geltende Rechtsordnung ihrer Länder und die daraus resultierenden staatsbürgerlichen Pflichten. Den Herrschenden auferlegt Bahá’u’lláh die Plicht zu einer kollektiven Friedensordnung; ebenso die Verständigung auf eine weltweite Verkehrssprache – auch dies mit dem Ziel, dass alle auf Erden „unbeschwert und einträchtig“ miteinander leben. Denn für alle Menschen gilt: „Ihr seid die Blätter eines Baumes, die Tropfen eines Meeres.“ Für die künftigen Gemeindeinstitutionen, die „Häuser der Gerechtigkeit“, benennt Bahá’u’lláh Aufgaben, Pflichten sowie Grenzen der Zuständigkeit.

Die erste deutsche Übersetzung (von A. Braun und E. Ruoff unter dem Titel Frohe Botschaften, Geoffenbart von Baha’o’llah, S. 3-30) erschien 1912 in Stuttgart, gefolgt von einer Neuübersetzung durch Wilhelm Herrigel 1921, einer weiteren 1962 in den Bahá’í-Briefen (Heft 8, S. 179-183), sämtlich fußend auf der englischen Übersetzung von Ali Kuli Khan (Boston 1906/Chicago 1917). Die hier vorgelegte Neuübersetzung legt als erste Übersetzung ins Deutsche das persische Original zugrunde.