Daniel Jordan (1932–1982) war Erziehungswissenschaftler und Psychologe mit dem Schwerpunkt Human Development. Seine theoretische Arbeit war auch Basis zahlreicher von ihm initiierter Projekte und Modellversuche, nicht zuletzt für die Förderung von Minderheiten. Für die amerikanische Bahá’í-Gemeinde entwickelte er Anfang der 1970er Jahre das „Comprehensive Deepening Program“.
Jordan formulierte Einsichten aus der Schrift in pädagogischen Konzepten und Begriffen – eine Übersetzung, die diese Schriftgehalte auch für Menschen zugänglich macht, denen Sprache, Bilderwelt und Traditionshintergrund der Schrift nicht vertraut sind. So öffnete er die Inhalte der Schrift für einen Diskurs über religiöse und weltanschauliche Grenzen hinweg – eben auch für Agnostiker oder Atheisten. Sein pädagogisches Programm hat Jordan im ANISA-Modell umrissen. Dieses Erziehungskonzept ist dezidiert interdisziplinär und religiös wie weltanschaulich offen konzipiert. Jordan ist ein bislang unerreichter Pionier in der Überführung Bahá’í-inspirierten Denkens in einen fruchtbaren gesellschaftlichen Diskurs.
Sein Werk zeigt beispielhaft, wie eine sachdienliche Beteiligung am gesellschaftlichen Diskurs erfolgen kann. Dabei geht es offensichtlich nicht um die kurzschlüssige Übertragung willkürlich interpretierter Versatzstücke der Schrift, als vermeidlich passende Antwort auf „aktuelle Fragen der Gesellschaft“. Ein derartiges Vorgehen missachtet den theologischen und historischen Kontext und verwendet die Schrift als bloßen Steinbruch. Jordan dagegen geht den weit mühsameren Weg der philosophischen Rekonstruktion einer der Schrift abgerungenen Bildungstheorie, die sich gleichermaßen an dieser wie an der Erfahrung kritisch bewähren muss.
Der hier in neuer Übersetzung (2018) verfügbare Essay geht den ANISA-Texten voraus und eröffnet einen Einstieg in sein Denken.