Lexikalischer Beitrag Person

Yaḥyá, Mírzá

genannt Ṣubḥ-i-Azal, (arab.: „Morgendämmerung der Ewigkeit“) geboren 1831/32, gestorben am 29. April 1912 in Zypern. Jüngerer Halbbruder Baha’u’llahs, der ihn nach dem Tode ihres gemeinsamen Vaters Mírzá ‘Abbás (1839) erzog und ihn mit der Religion des Báb bekannt machte.

Seine Stellung in der Bábí-Gemeinde ist kontrovers. Der Báb verlieh ihm verschiedene Titel – Mir’átu’l-Azaliyya („Spiegel des Ewigen“), Ismu’l-Azal („Name der Ewigkeit“) und Thamara-i-Bayán („Frucht des Bayán“) – und beauftragte den etwa 17jährigen in einem an ihn gerichteten Brief, „zu bewahren, was im Bayán offenbart und geboten wurde“. Diese Aussage und die Schlußsentenz des Briefs („Wahrlich, du bist ein mächtiger Weg der Wahrheit“) wird von den Azalí als formelle Ernennung zum Nachfolger des Báb verstanden.

Nach Auffassung der Bahai diente die Hervorhebung Mírzá Yaḥyás lediglich als Ablenkungsmanöver, um einen Teil der öffentlichen Aufmerksamkeit von Baha’u’llah abzuziehen und ihm so einen größeren Handlungsspielraum zu eröffnen. In den Jahren nach der Hinrichtung des Báb sammelte Baha’u’llah die zerstreute Bábí-Gemeinde um sich, während Mírzá Yaḥyá meist im Verborgenen lebte. In seinem Bestreben, sich als Führer der Bábí durchzusetzen befahl er u.a. 1856 den Mord an Dayyán, der seinerseits die Führung der Gemeinde beanspruchte. Die zunehmenden Spannungen zu Baha’u’llah wurden ab September 1867 unüberbrückbar, als dieser ihn in Edirne mit seinem Anspruch konfrontierte, der Verheißene des Báb zu sein. Der weitaus größte Teil der Bábí anerkannte in der Folgezeit den Anspruch Baha’u’llahs und nur ein kleiner Teil der Gemeinde bekannte sich als Azalí zu Mírzá Yaḥyá. Seine Intrigen und Anschläge veranlaßten die osmanischen Behörden 1868 Mírzá Yaḥyá nach Farmagusta auf Zypern und Baha’u’llah nach Akko (‘Akká) weiterzuverbannen. Mírzá Yaḥyás Exil endete 1881 mit der Besetzung Zyperns durch die Briten, als britischer Pensionär blieb er jedoch bis zu seinem Tod weiter auf der Insel.