Begriff Lexikalischer Beitrag Übersetzung

Ulamá

arab./pers. „Gelehrte“, sing. ‘álim bzw. ‘alím, „Gelehrter“, „Wissenschaftler“, „Theologe“; Sammelbegriff für die Religionsgelehrten des Islam, umfasst u.a. Rechtsgelehrte/Richter (muftí), Richter (qádí) und Theologen (mutakallimún). Im schiitischen Islam eine deutlich von den religiösen Laien unterschiedene Institution, die der westlichen Vorstellung einer „Geistlichkeit“ oder Priesterkaste sehr nahe kommt. Dort seit dem 19. Jahrhundert hierarchisch aufgebaut mit dem Mujtahid an der Spitze. Die Stellung des mujtahid berechtigt zur eigenständigen Entscheidungsfindung in Fragen religiösen Rechts (arab. ijtihád, „Anstrengung“). Solche Entscheidungen sind rechtsverbindlich und jeder, der nicht diesen Rang besitzt, muss dem Vorbild eines lebenden mujtahid folgen, eine Pflicht, die taqlíd („Imitation“, „Nachahmung“) genannt wird.

Baha’u’llah warnt ausdrücklich vor den „gefährlichen Pfaden der Nachahmung (taqlíd)“ und untersagt diese Praxis. An ihre Stelle tritt für alle Menschen die „selbständige Suche nach Wahrheit“. Gleichwohl weist er den ‘ulamá’ fi’l-Bahá‘, den „Gelehrten in Bahá“ einen hohen Rang und eine zentrale Erziehungsfunktion für die Gesellschaft zu (Kitáb-i-Aqdas 173; vgl. auch Abdul-Baha, Das Geheimnis Göttlicher Kultur, S. 38ff). Ihre Entscheidungen sind jedoch nicht verbindlich und allenfalls Grundlage für die institutionalisierte Rechtssetzung. Im Sinne eines stets unabgeschlossenen, offenen Diskurses stehen die ‘ulamá’ „im Mittelpunkt der Gesetzgebung“ (Geheimnis, S. 41).